Eine Reise nach Lodz

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Bericht - Sara Hartog

 

Sara Hartog wurde am 05.02.1875 in Aurich als Tochter von  Phillip Gottschalk Hartog (1838 – 1888) und Rahel Cosmann Hoffmann (1845 – 1890) geboren.(1) Ihre Schwestern  waren Riwka Philip Hartog (geboren 1872 in Aurich), Jettchen Hartog (geboren 1879 in Aurich, gestorben 1892 in Aurich), Henni Hartog (geboren 1882 in Aurich) und Gelli Hartog (geboren 1884 in Aurich, gestorben 1902 in Aurich). Ihre Brüder waren Kossmann Hartog (geboren 1877 in Aurich) und Hermann Hartog (geboren 1887 in Aurich). Vor der Deportation war Sara Hartog wohnhaft  in der Wallstraße 46 in Aurich.(2)

 

Aurich, Wallstraße Richtung Große Mühlenwallstraße, ca.1960, das traufständige Haus mit der
Dachgaube trägt die Nummer 40,
dann folgt 42 usw. Foto: Drogerie Maaß, Osterster.26, Aurich

 

 

Die mit dem Datum 1.1.1942 datierte 1. Postkarte ist nicht gelaufen; adressiert wurde sie an: Frau Emmy Wolffs, Varel i. Oldenburg, Schüttingstr.13. Der Absender lautet: S. Hartog, Litzmannstadt Ghetto, Gnesenerstr.26, Altersheim.

Der Inhalt der 1. Postkarte lautet:

„Liebe Familie Wolffs! Ihre Karte haben wir gestern erhalten, ebenso die 32 Mark, die Herr Wolffs uns schickt. Wir haben uns sehr damit gefreut und sagen unseren besten Dank dafür. Hoffentlich geht es Ihnen allen gut. Wir sind soweit auch gesund. Nur Oskar hatte vorige Woche einen Herzanfall, ist aber Gott sei dank schnell vorüber gegangen. Mit Rosa bin ich immer zusammen, auch hier im Altenheim. Auch sie ist gesund. Sehr leid tut es uns, dass Adelheid C. und Frau Haag so krank sind. Ich wünsche beiden von Herzen gute Besserung. Frau Maiberg ist heute zu ihrem Mann gegangen. Herr Weinberg ist hier bei uns. Seine Schwester ist auch fort. Nun seien Sie, liebe Frau Wolffs, recht herzlich gegrüßt von Ihren Geschwistern Hartog. Bitte Adolf Wolffs und Mutter zu grüßen. Ihre Geschwister Hartog.“

 

  Staatsarchiv Lodz, Mikrofolm: L 20933 III - 10434

 

Vor der Deportation nach Lodz war eine Gruppe von 24 Bewohnern des Altenheims in Emden am 22.10.1941 mit einem Bus nach Varel in die Schüttingstraße 13 transportiert worden. Dieser Bus brachte noch am selben Tage sechs Personen nach Emden, die am folgenden Tage die Deportation nach Polen miterleben mussten. Warum die 24 Personen nach Varel gebracht wurden erschließt sich nicht wirklich. Die Gestapo in Wilhelmshaven meldet allerdings am 6.11.1941: „Von Emden aus wurden folgende Juden im jüdischen Pflegeheim in Varel untergebracht: Es folgt eine Namensliste der 24 Personen. Vorstehende Juden wohnen im jüdischen Pflegeheim in Varel, Schüttingstraße 13. Der Aufenthalt dieser Juden ist als vorübergehend anzusehen. Es handelt sich um körperlich Behinderte und Schwachsinnige.“(3)  Zu den aus Emden Gekommenen gehörten auch die in der Postkarte von Sara Hartog an Emmy Wolffs genannten Adelheid Cohn und Rosalie Haag. Außerdem soll Emmy Wolffs Grüße bestellen an Adolf Wolff und dessen Mutter (Sara Wolff). Diese Karte ist als Antwort zu verstehen auf eine Postkarte von Emmy Wolffs, welche Sara Hartog am 31.12.1941 in der Gnesener Straße 26 erreichte, in welcher sie sich für die 32 Reichsmark von Herrn Wolff bedankt. Eingehende Karten wurden zu diesem Zeitpunkt noch zugestellt, Post aus dem Ghetto von Litzmannstadt nach Ostfriesland wurde nicht mehr befördert.

In dem Text erwähnt Sara Hartog, dass sie im Altenheim in der Gnesener Straße ständig mit Rosa Wolffs zusammen sei, der es gesundheitlich auch gut gehe. Rosa ist die fünf Jahre jüngere Schwester von Moses Wolffs, geboren am 30.06.1873 in Aurich, der mit Emmy Wolffs verheiratet war. Emmy Wolffs, geb. Weinberg, war am 28.11.1891 in Esens geboren worden.(4)

 

Rosa Wollfs, am 2.10.1879 in Aurich geborene Schwägerin von Emmy Wolffs,
an welche Sara Hartog am 1.1.1942 eine Postkarte in das jüdische Altenheim nach
Varel
sendet. Sara Wolffs war in Aurich in der Wallstraße 12 wohnhaft, in der Straße,
in welcher auch Sara Hartog lebte. Foto: Staatsarchiv Aurich, Kennkarten 1939


Moses Wolffs, geb. 30.06.1873 in Aurich, war der ältere Bruder von Rosa Wolffs.
In Aurich wohnte er mit seiner Frau Emmy Wolffs in der Leerer Landstraße 40,
Foto: Staatsarchiv Aurich, Kennkarten 1939.

 

Die 2. Postkarte wurde am 1.1.1942 geschrieben und adressiert an:
Herrn Adolf Scheuer, Frankfurt a/M., Scheffelstr.26. Die Postkarte ist
adressiert mit: S. Hartog, Litzmannstadt Ghetto, Gnesenerstr.26, Altersheim.

Der Inhalt der 2. Postkarte lautet:

„Lieber Opa! Hoffen Dich beim besten Wohlsein. Wir sind auch gesund. Hast Du kürzlich von Hermann und Hennie Brief gehabt und schreibst Du Ihnen auch öfter? Denk Dir mal, wen wir heute hier trafen! Bodenheimers, die sind nun hier bei uns im selben Heim. Wir sind nun acht Tage hier und die kamen heute. Es geht beiden gut. Deine Schwester Frau Grätz ist auch hier, wir haben sie noch nicht gesprochen. Lass bald von Dir hören und sei recht herzlich gegrüßt von Deinen Geschwistern Hartog!“


Staatsarchiv Lodz, Mikrofilm: L 20933 III - 10435


Staatsarchiv Lodz, Mikrofilm: L21113cz4 - 5872


Sara Hartog wurde laut Meldekarte am 11. Mai 1942 aus dem Greisenheim abgemeldet. Als Ursache wurde vermerkt: "ausgewiesen". Dieser Begriff steht als Synonym für "Deportation" nach Kulmhof (Chelmno), wo alle Ghettobewohner eine Tag nach ihrer "Ausweisung" in Bussen mit Motorabgasen ermordet wurden.


Quellen:

(1) www.online-ofb.de/famreport.php?ofb=juden_nw&ID=I6611&nachname=HARTOG&modus=&lang=de

(2) www.stolpersteineaurich.wordpress.com/aktion/Biografien

(3) Frerichs, Holger: Das jüdische Altenheim in Varel 1937-1942, Jever 2012, S.143

(4) Frerichs, Holger: Das jüdische Altenheim in Varel 1937-1942, Jever 2012, S.146


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